Das Dschungelbuch (Originaltitel: The Jungle Book) ist der 19. abendfüllende Zeichentrickfilm der Walt-Disney-Studios aus dem Jahr 1967, der auf den Dschungelbuch-Erzählungen von Rudyard Kipling basiert. Er wurde am 18. Oktober 1967 veröffentlicht und war der letzte Zeichentrickfilm in Spielfilmlänge, der noch von Walt Disney selbst produziert wurde. Dieser verstarb noch während der Herstellungsphase. Der Film erlangte vor allem in Europa eine enorme Popularität, nicht zuletzt wegen der Lieder im Film.
In Deutschland ist der Film sogar der bisher erfolgreichste. 2003 erstellte die Bundeszentrale für politische Bildung in Zusammenarbeit mit zahlreichen Filmschaffenden einen 35 Filme umfassenden Filmkanon für die Arbeit an Schulen und nahm Das Dschungelbuch in die Liste mit auf. 1990 produzierte Disney die Serie Käpt’n Balu und seine tollkühne Crew. Die Hauptfigur der Serie war Balu, der zwar nun ein Pilot war, aber trotzdem immer noch denselben Charakter wie im Film hatte. Auch Louie, als Barbesitzer, und Shir Khan, als reicher Firmenmogul, tauchten in der Serie auf. 1996 erschien die kurzlebige Serie Die Dschungelbuch Kids, die die Kinderzeit der Dschungelbuchtiere zum Thema hatte. 2003 erschien mit Das Dschungelbuch 2 eine Fortsetzung zum Film.
Handlung
Erzählt wird die Geschichte des Findelkindes Mogli aus der Sicht des Panthers Baghira, der das „Menschenjunge" im Dschungel findet und bei einer Wolfsfamilie unterbringt. So lebt Mogli zehn Jahre glücklich und zufrieden im Dschungel. Doch dann droht eine Gefahr: Der Tiger Shir Khan will Mogli töten, bevor dieser alt genug ist, Shir Khan selbst umzubringen, denn nur Menschen können mit Feuer umgehen - und das ist das einzige, was der Tiger fürchtet. Die Wölfe und Baghira möchten Mogli zu einer Menschensiedlung in Sicherheit bringen, doch davon ist Mogli gar nicht begeistert. Dennoch brechen Mogli und Baghira auf. Mogli geht zunächst der Riesenschlange Kaa in die Falle, doch Baghira kann ihn gerade noch retten. Die darauffolgende Nacht verbringen der Panther und Mogli auf einem Baum.
Am nächsten Morgen werden sie von einer Elefantenkompanie geweckt, der sich Mogli für kurze Zeit anschließt. Mit dem jungen Elefanten Duda freundet er sich an. Jedoch muss Mogli kehrtmachen, da Elefantenoberst Hathi keine Menschen mag. Baghira setzt die Reise mit Mogli fort. Im Dschungel weigert sich Mogli weiterzugehen. Er sieht nicht ein, den Dschungel zu verlassen und klammert sich an einem Baum fest. Baghira versucht, Mogli am Hosenboden wegzuzerren; Mogli wehrt sich und kann sich aus der misslichen Lage befreien. Der Panther verlässt Mogli verärgert, behält das Menschenjunge jedoch im Auge. Aber anstatt die Gefahren des Dschungels zu umgehen, zieht Mogli auf eigene Faust los und trifft den gemütlichen, unbekümmerten und naiven Bären Balu. Dieser „adoptiert" den sorglosen Mogli und wird sein Lehrer in Sachen Gemütlichkeit. Doch wenig später bemächtigen sich die Affen des Menschenkindes, weil der Affenkönig King Louie das Geheimnis des Feuers herausfinden möchte. Nachdem Mogli, Balu und Baghira entkommen konnten, muss auch Balu einsehen, dass Mogli im Dschungel nicht sicher ist. Mogli fühlt sich verraten und macht sich wieder alleine auf den Weg. Baghira bittet daraufhin die Dschungelpatrouille, bei der Suche nach Mogli zu helfen.
Doch Shir Khan kann die Pläne belauschen und macht sich ebenfalls auf die Suche nach Mogli. Mogli trifft inzwischen neue Freunde, vier ulkige Geier. Während eines plötzlichen Gewitters greift der gefürchtete Tiger Mogli an. Balu kann mithilfe der Geier gerade noch einschreiten und rettet Mogli vor Shir Khans Klauen, wird aber dabei vom Tiger bewusstlos geschlagen. Mogli besiegt den Tiger, als er einen durch einen Blitzschlag entflammten Ast an Shir Khans Schwanz befestigt - Shir Khan flüchtet panisch. Baghira und Mogli halten den immer noch reglos am Boden liegenden Balu für tot und Baghira hält eine ergreifende Trauerrede auf den Bären. Balu jedoch lebt, ist wieder bei Bewusstsein und genießt nur die Lobeshymne auf seine Person. Das Ende der Reise scheint gekommen, da hört Mogli eine Mädchenstimme aus der Menschensiedlung singen. Völlig verzückt folgt er ihr und lässt seine Freunde zurück. Die sind zwar verwundert, freuen sich aber, dass nun jeder dort ist, wo er hingehört. Arm in Arm singen Balu und Baghira „Probier's mal mit Gemütlichkeit“.
Figuren
Mogli: (original: Mowgli)
Mogli ist ein Mensch, der als Baby im Dschungel ausgesetzt wurde und von den Tieren des Urwalds in ihren Kreis aufgenommen wird.
Balu: (original: Baloo)
Balu ist ein gemütlicher Bär, der das Leben in vollen Zügen genießt.
Baghira: (original: Bagheera)
Der schwarze Panther hat Mogli als Säugling im Dschungel gefunden und zur Wolfsfamilie gebracht. Er passt gut auf seinen kleinen Freund auf und sorgt letztlich dafür, dass dieser zur Menschensiedlung zurück findet.
Shir Khan: (original: Shere Khan)
Der Tiger, vor dem sich der ganze Dschungel fürchtet. Abgrundtief hasst er die Menschen, und so gerät auch Mogli in Gefahr.
King Louie:
Der Affenkönig, der gerne wie ein Mensch wäre.
Kaa:
Die Riesenschlange, die sich auf die Kunst des Hypnotisierens versteht.
Colonel Hathi:
Das Oberhaupt der Elefantenpatrouille und Kommandant der Marschkolonne.
Winnifred:
Die couragierte Frau von Colonel Hathi und Mutter von Duda.
Duda:
Ein kleiner Elefantenjunge, der Mogli in die Elefantenherde einführt.
Akela:
Oberhaupt des Wolfsrudels, das Mogli aufnimmt.
Rama:
Ein Wolf, dessen Familie sich des Menschenjungen Mogli annimmt.
Raschka: (original: Raksha)
Die Frau von Rama. Sie zieht Mogli mit ihren Jungen groß.
Buzzy, Dizzy, Ziggy & Flaps:
Vier Geier.
Shanti:
Ein Mädchen, für das sich Mogli interessiert und das ihn am Ende wieder in die Welt der Menschen führt.
Produktionsgeschichte
Das Dschungelbuch war der letzte Film, der die Handschrift des im Dezember 1966 verstorbenen Walt Disney tragen konnte. Obwohl einige Kritiker bezweifeln, dass Disney noch großen Einfluss auf den Film hatte - immerhin war er zu diesem Zeitpunkt nur noch Geldgeber und konzentrierte sich mehr auf seine Fernsehsendungen und das Disneyland - beeinflusste er das Endergebnis mehr als noch den Vorgänger Die Hexe und der Zauberer. Zwar war Disney nicht mehr so sehr am kreativen Entstehungsprozess des Dschungelbuchs beteiligt wie noch an Schneewittchen und die sieben Zwerge oder Pinocchio, jedoch waren seine Entscheidungen für den Stil des Films ausschlaggebend. Ursprünglich war Das Dschungelbuch stilistisch nahe an Rudyard Kiplings Vorlage und entsprechend düster angelegt. Dies ist heute noch sehr gut in den Bildern des Vorspannes erkennbar, die weniger fröhlich sind als der eigentliche Film. Auch die Lieder, die von Terry Gilkyson für den Film geschrieben wurden, waren Walt Disney zu düster. Lediglich „The Bare Necessities“ (Probier's mal mit Gemütlichkeit) fand seine Zustimmung und wurde später verwendet. Als Gilkyson deutlich machte, dass er sich nicht von der dunklen Seite des Filmes distanzieren wollte, ersetzte ihn Walt Disney durch die Sherman-Brüder. Robert und Richard Sherman hatten bereits die Lieder zu Mary Poppins geschrieben und schienen Disney als die richtige Wahl, um den Stoff aufzuheitern. Disney empfahl seinem Team als nächsten Schritt, die bisherigen Storyboards zu ignorieren und die Vorlage nicht weiter zu verwenden bzw. sie gegebenenfalls nur als grobe Vorlage zu nutzen. Das neue Storyboard wurde um die Musik und die Ideen der Shermans gestaltet.
Der Charakter einiger Figuren wurde auch verändert. Beispielsweise ist Balu in Rudyard Kiplings Buch ein alter, sehr ernster Bär, und Kaa, die Schlange, ist nicht gefährlich, weil sie Kinder frisst, sondern weil sie so schlau ist. Der von Walt Disney verschmähte Stil der Elektrofotografie wurde zurückgefahren, ausgewählte Elemente – darunter der Mund des indischen Mädchens – wurden wieder von Hand getuscht. Das neue Storyboard gefiel Walt Disney wesentlich besser als das ursprüngliche, jedoch ließ er eine Szene streichen.
Nach der Sequenz mit dem Lied „Ich wäre gern wie Du“ war ursprünglich eine Comedy-Action-Szene mit einem reizbaren kurzsichtigen Nashorn namens Rocky geplant, das Mogli, Balu und Baghira angreifen sollte. Disney jedoch fand, dass zwei schnelle und lustige Szenen hintereinander ein schlechter Erzählstil seien. Der kreative Prozess an Das Dschungelbuch war bereits beendet, als Walt Disney verstarb. Die Animation wurde ohne ihn fertiggestellt, und der Film kam am 18. Oktober 1967 in die amerikanischen Kinos, also fast 30 Jahre nach dem ersten abendfüllenden Disneyfilm Schneewittchen und die sieben Zwerge. Er ist allerdings nicht der letzte Animationsfilm, der von Walt Disney in Auftrag gegeben wurde. Kurz vor seinem Tod gab er noch grünes Licht für Aristocats.
Soundtrack
Für die Popularität des Films waren nicht zuletzt die Lieder verantwortlich, die von Richard M. Sherman und Robert B. Sherman geschrieben wurden. Darunter I Wanna Be Like You (dt.: „Ich wäre gern wie Du“), das Quartett der Geier That's What Friends Are For (dt.: „Deine Freunde“), und „Colonel Hathis Marsch“. Der wohl populärste Song ist The Bare Necessities, der von Terry Gilkyson komponiert und in der deutschen Synchronisation als „Probier's mal mit Gemütlichkeit“ von Balu-Sprecher Edgar Ott gesungen wird.
Wissenswertes
* Obwohl die Disney-Filme der damaligen Zeit meist zeitlos waren, finden sich viele Andenken an die 1960er-Jahre. Das Geier-Quartett hat nicht von ungefähr einen Haarschnitt wie die Beatles: Es war sogar geplant, dass diese die Geier synchronisieren sollten. Aus Termingründen konnte das jedoch nicht realisiert werden. Der altgediente Colonel Hathi hat eigentlich keine besondere Notwendigkeit, durch den Dschungel zu streifen, sinnt aber liebend gern über alte Zeiten nach.
* Die Stimme des Menschenjungen Mogli stammt im Original von Bruce Reitherman, dem Sohn des Regisseurs Wolfgang Reitherman.
* Der Affenkönig King Louis sollte ursprünglich von Louis Armstrong gesprochen und gesungen werden und ist auch dementsprechend angelegt. Ein Beispiel hierfür ist King Louis´ Scat-Passage im Song "Ich wäre gern wie Du": Die erste Tonaufnahme dieser Gesangsart wird Armstrong zugeschrieben. Letztlich bekam allerdings Louis Prima die Sprech- und Gesangsrolle, weil man bei Disney vermutete, den König der Affen mit dem König des Jazz zu besetzen würde als Affront gegen Armstrong bzw. Afroamerikaner im Allgemeinen gewertet werden.
Sprecher englisch, deutsch
* Mogli: Bruce Reitherman, Stefan Sczodrok
* Baghira: Sebastian Cabot, Joachim Cadenbach
* Balu: Phil Harris, Edgar Ott
* Shir Khan: George Sanders, Siegfried Schürenberg
* King Louie: Louis Prima, Klaus Havenstein
* Kaa: Sterling Holloway, Erich Kestin
* Colonel Hathi: J. Pat O'Malley, Martin Hirthe
* Winnifred: Verna Felton, Ursula Krieg
* Junior: Clint Howard, Steffen Müller
* Akela: John Abbott, Jochen Schröder
* Rama: Ben Wright, Joachim Nottke
* Shanti: Darleen Carr, Susanne Tremper